Klangprobleme durch Ferrofluid in Hochtönern?

Bis zur Mitte der Achtziger Jahre waren Kalotten ohne Ferrofluid die Regel. Die Einführung der magnetischen Flüssigkeit (Eisenpulver in temperaturfestem Öl) brachte entscheidende Vorteile: Durch die wirksame Unterdrückung der Impedanzüberhöhung ist die Ankopplung mit einer Frequenzweiche ohne Entzerrung unkritischer und die thermische Belastbarkeit ist wesentlich höher. In der letzten Zeit wird allerdings hin und wieder die Meinung vertreten, daß Kalotten ohne Ferrofluid freier und somit besser klängen. Deshalb haben wir untersucht, ob sich meßtechisch ein greifbarer Unterschied nachweisen läßt, der einen klanglichen Vorteil erklären könnte. Für die Versuche wurde die ganz neue Kalotte G 25 HE ausgewählt.

 

KLP3

Abb. 1

Zuerst wurden die Messungen mit Ferrofluid durchgeführt, dann mit saugfähigem Papier die Füllung ausgesaugt und anschließend die Messungen wiederholt. Abb. 1 zeigt die Amplituden- und Impedanzkurven mit und ohne FFL. Ohne FFL ist die Resonanzüberhöhung bei 1 kHz stark ausgeprägt, mit FFL dagegen auf 1500 Hz gestiegen und deutlich gedämpft. Entsprechend sinkt der Amplitudenpegel bei der bedämpften Version im Bereich der Resonanzfrequenz. Die Impedanzüberhöhung ist nicht völlig unterdrückt. Daran erkennt man, daß Ferrofluid mit geringer Viskosität (dünnflüssig) verwendet wurde. Dadurch ist die Gefahr des Verharzens auch nach langer Zeit gebannt. Oberhalb 2000 Hz gibt es keine nenneswerten Unterschiede in den Kurven und damit weisen beide Versionen die gleiche Klangfarbe auf. Der etwas linearere Frequenzverlauf mit Ferrofluid ist kein prinzipieller Vorteil der Füllung sondern hat vermutlich mit dem abgedichteten Luftspalt zu tun. Auch ohne FFL kann man selbstverständlich einen völlig gleichmäßigen Frequenzgang realisieren. Wie sieht nun das zeitliche Verhalten der beiden Kalottenversionen aus? In Abb. 2 können die Ergebnisse der Wasserfall-Messungen verglichen werden. Bis auf den Pegelunterschied unterhalb 2000 Hz ist im Ausschwingverhalten keine wesentliche Differenz zu erkennen. Das etwas schlechtere Verhalten der Kalotte ohne FFL bei 7000 Hz sollte nicht überbewertet werden, da es sich bei -25 dB abspielt. Auf jeden Fall kann festgestellt werden, daß das Ferrofluid nicht zu einer Verzögerung im Ausschwingen führt. Auf der Suche nach einem eventuellen Problem, das durch Ferrofluid verursacht werden könnte, wurde noch das dynamische Verhalten untersucht. Ein Tonburst mit 5000 Hz und 10 000 Hz wurde auf beide Kalottenversionen zunächst mit einer Leistung von 0,2 Watt und dann mit 20 Watt angesteuert. Zur besseren Vergleichbarkeit wurden die Pegelunterschiede am Mikrofonverstärker ausgelichen. Das ideale Ergebnis wäre also zwei völlig deckungsgleiche Kurven, was in Abb. 3 für beide Kalottenversionen auch der Fall ist. (Bei 5000 Hz ergibt sich die gleiche Übereinstimmung wie bei 10.000 Hz.) Ein Sinussignal von 20 Watt ist für eine Kalotte mit 25 mm-Spule ohne Ferrofluid schon eine beträchtliche Belastung, bei der immerhin ein Pegel von 103 dB ensteht. Dieser Versuch hat also gezeigt, daß selbst bei so hohen Impulsspitzen das Ferrofluid die Pegelspitzen nicht kappt. Bleibt noch zu untersuchen, was geschieht, wenn durch eine hohe Dauerbelastung das Ferrofluid bereits warm geworden ist.

KLP2aKLP1

KLP2bKLP1a

Abb. 2 Abb. 3: Messung bei 0,2 W und 20 W; Kurven fast deckungsgleich

Theoretisch wird dann die Viskosität geringer (dünnflüssiger) und Dämpfungswirkung läßt nach. Das bedeutet, die Kalotte nähert sich in ihrem Verhalten der ferrofluidfreien Version. Da wir oberhalb 2000 Hz mit und ohne FFL keinen Unterschied feststellen konnten, erwarten wir nur einen Anstieg der Impedanz- und der Amplitudenkurve bei der Resonanzfrequenz. Aber selbst bei höchster Belastung mit Musikmaterial über eine Frequenzweiche ist es nicht gelungen, die Schwingspule nennenswert zu erwärmen. Der Grund dafür ist, daß die zum Hochtöner vordringende Leistung bei praxisgerechtem Betrieb zu gering ist. Deswegen haben wir den ganzen Hochtöner mit FFL im Klimaschrank auf 60 Grad C erwärmt und konnten auch hier beim Amplitudenfrequenzganng keinen Unterschied zur Kalotte im kalten Zustand messen.

 

Fazit

Meßtechnische Nachteile der Kalotte mit Ferrofluid konnten nicht nachgewiesen werden. Oberhalb 2000 Hz können beide Versionen im Amplitudenfrequenzgang, Ausschwingverhalten und dynamischen Verhalten (Pegelspitzen) als gleichwertig angesehen werden. Nur unterhalb 2000 Hz im Bereich der Resonanzfrequenz gibt es große Unterschiede. Aber da sollte weder mit noch ohne Ferrofluid eine Kalotte dieser Bauart eingesetzt werden. Ob es Klangunterschiede gibt, ist nur sehr schwer festzustellen: Dazu darf man nicht einfach die Kalotten austauschen, sondern muß im unteren Frequenzbereich die Weiche sehr genau anpassen, damit sich exakt der gleiche Frequenzgang ergibt. Nach diesen Meßergebnissen ist allerdings kein klanglicher Nachteil durch Ferrofluid zu erwarten.